StaRUG - Was Gründer wissen müssen und wie sie Haftungsrisiken vermeiden

Corporate 09.09.2025

Das StaRUG ermöglicht Start-ups und Growth-Ups eine insolvenzfreie Restrukturierung – bietet aber nicht nur Chancen, sondern verschärft auch die Pflichten der Geschäftsleiter. Gründer tragen besondere Verantwortung: Sie müssen Risiken frühzeitig erkennen, geeignete Maßnahmen ergreifen und ihr Handeln sorgfältig dokumentieren. Besonders relevant ist der sogenannte „Shift of Fiduciary Duties“ in der Krise – wenn die Interessen der Gläubiger Vorrang erhalten. Dieser Beitrag zeigt auf, was das konkret bedeutet und wie Gründer sich rechtlich absichern können.

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Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) eröffnet auch Start-Ups und Growth-Ups die Möglichkeit eines erfolgreichen Turnarounds – ohne Insolvenzgericht. Gründerinnen und Gründer erhalten durch das StaRUG einen chancenorientierten Handlungsrahmen. Voraussetzung: Die finanzielle Struktur ihres Unternehmens erfüllt die Anforderungen für eine präventive Restrukturierung (zu Risiken in Bezug auf die Eigentümerstruktur siehe Teil 1: Kalte Enteignung).

Das StaRUG bringt nicht nur neue Chancen, sondern auch Pflichten für die verantwortlichen Geschäftsleiter – in Start-Ups also häufig die Gründer selbst. Zentrale Anforderung ist ein verstärkter Fokus auf die interne Früherkennung von Krisen.

Gemäß § 1 StaRUG sind Geschäftsleiter verpflichtet, mögliche Krisenursachen zu überwachen (Krisenfrüherkennung). Sie müssen geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen und den zur Überwachung der Geschäftsleitung berufenen Organen unverzüglich Bericht zu erstatten (Krisenmanagement). Die gesetzliche Erwartung: Einrichtung eines der Unternehmensgröße, Branche und Komplexität angemessenen Krisenfrüherkennungssystems. Ziel ist es, bestandsgefährliche Risiken rechtzeitig zu identifizieren und zu adressieren.

Ein weiterer zentraler Punkt, den Geschäftsleiter im Blick behalten sollten, ist die Pflicht zur sorgfältigen Dokumentation. Es reicht nicht aus, Risiken zu erkennen und Maßnahmen einzuleiten. Entscheidend ist, dass sämtliche relevanten Schritte nachvollziehbar dokumentiert und unverzüglich an die zuständigen Überwachungsorgane weitergegeben werden. Diese Dokumentation kann im Ernstfall haftungsbefreiende Wirkung entfalten. Für Gründer bedeutet das konkret: Die operative Krisenbewältigung muss mit einem revisionssicheren Dokumentationsprozess einhergehen. Defizite in der Nachweisführung können zu einer persönlichen Haftung führen – vor allem bei ex-post-Bewertungen durch Insolvenzverwalter oder Investoren.

In vielen Start-Ups und Growth-Ups mit externen Investoren bestehen umfassende vertragliche Informationspflichten – etwa durch Gesellschaftervereinbarungen (Shareholders Agreements) oder Geschäftsordnungen (Rules of Procedure). Die Informationen sind typischerweise an den Beirat (bei GmbHs) oder den Aufsichtsrat (bei AGs) zu richten, die als Überwachungsorgane fungieren und regelmäßig durch operative Reportings (z.B. monatlich oder quartalsweise) informiert werden. Daraus ergibt sich häufig eine doppelte Pflicht: Einerseits gesetzlich nach StaRUG, andererseits vertraglich gegenüber Investoren. Eine sorgfältige Synchronisierung der Berichtspflichten und eine kritische Prüfung bestehender Reporting Standards sind daher geboten.

Ein häufig unterschätzter Aspekt betrifft die Verschiebung der Treuepflichten bei drohender Zahlungsunfähigkeit: Während sich Gründer im Normalfall an den Interessen der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter orientieren, verlangt das StaRUG in der Krise eine Priorisierung der Gläubigerinteressen. Dieser sogenannte „Shift of Fiduciary Duties“ kann für Gründer zur Gratwanderung werden – vor allem, wenn Investoren andere Ziele verfolgen als die Gläubiger. Umso wichtiger ist es, frühzeitig zu erkennen, wann diese Pflichtenverschiebung eintritt, und sämtliche unternehmerischen Entscheidungen rechtlich sauber zu dokumentieren und transparent zu kommunizieren. Ein Fehlverhalten kann nicht nur das Unternehmen, sondern auch die handelnden Personen persönlich in die Haftung bringen.

Das StaRUG bietet Start-Ups und Growth-Ups eine strukturierte und insolvenzfreie Sanierungsoption – vorausgesetzt, Krisensignale werden frühzeitig erkannt, Maßnahmen entschlossen ergriffen und Entscheidungen nachvollziehbar dokumentiert. Gründer in organschaftlicher Verantwortung sind damit nicht nur operativ, sondern zunehmend auch rechtlich gefordert, moderne Governance-Standards zu implementieren.

Ihr wollt wissen, ob euer Unternehmen schon heute StaRUG-ready ist? Sprecht uns an – wir prüfen eure Reportingpflichten und Governance-Strukturen auf Herz und Nieren.