Warum ESOP besser ist als VSOP
Mitarbeiterbeteiligungsprogramme dienen in jungen Unternehmen und Startups dazu, vergleichsweise niedrigere Gehälter auszugleichen und Mitarbeitende am Unternehmenserfolg zu beteiligen.
Am häufigsten trifft man dabei in Deutschland auf sogenannte Employee Stock Option Plans (ESOP) und Virtual Stock Option Plans (VSOP).
Doch was sind die Vor- und Nachteile beider Pragramme? Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten bestehen zwischen ESOP und VSOP? Und warum empfehlen wir Gründer:innen und Unternehmer:innen meistens ein ESOP als Beteiligungsprogramm?
- Daniel Grisar Rechtsanwalt
Du erfährst in diesem Beitrag
- Was ESOP bedeutet
- Was VSOP bedeutet
- Unterschiede zwischen ESOP und VSOP
- Gemeinsamkeiten beider Programme
- Warum wir Dir ESOP empfehlen
Mitarbeiterbeteiligungsprogramme spielen insbesondere in Venture Capital finanzierten Startups eine wichtige Rolle. Junge Startups sind bereits in einer frühen Phase auf hochqualifizierte Mitarbeitende angewiesen, sind aber meist nicht in der Lage dieselben Gehälter zu zahlen wie etablierte Unternehmen.
Beteiligungsprogramme wie ESOP und VSOP schaffen hier einen attraktiven Ausgleich. Sie bieten Mitarbeitenden die Möglichkeit am Unternehmenserfolg zu partizipieren, steigern somit die Motivation und das Zugehörigkeitsgefühl.
Unterschiede zwischen ESOP & VSOP
Häufig werden die Begriffe ESOP und VSOP synonym verwendet, obwohl beiden Programmen ein unterschiedlicher Mechanismus zugrunde liegt.
Was versteht man unter ESOP?
Als ESOP werden Mitarbeiterbeteiligungsprogramme bezeichnet, die dem Begünstigten die Option auf den Erwerb "echter" Anteile an einem Unternehmen einräumt. Durch die Gewährung von vertraglich festgelegten Optionen erhalten Begünstigte einen Anspruch auf eine zukünftige Beteiligung am Unternehmen in Form von Geschäftsanteilen oder Aktien.
Normalerweise können die Mitarbeitenden ihre Optionen erst bei einem erfolgreichen Exit, wie einem Verkauf oder Börsengang des Unternehmens, ausüben und die Anteile dann im Exit mitverkaufen.
Es gibt jedoch auch ESOPs, bei denen die Optionen schon vor einem Exit-Event ausgeübt werden können. Regelmäßig wird zudem ein Ausübungspreis (auch Strike Price genannt) vereinbart, der den Kaufpreis für die Anteile bei Ausübung der Optionen festlegt.
Was bedeutet demgegenüber VSOP?
Verbreiteter als die Optionen auf echte Anteile sind hierzulande virtuelle Mitarbeiterbeteiligungsprogramme. Virtuell meint in diesem Zusammenhang, dass Mitarbeitende nie Geschäftsanteile an dem Unternehmen erhalten und somit auch nicht Gesellschafter des Unternehmens werden können.
Vielmehr handelt es sich dabei lediglich um einen schuldrechtlichen Anspruch auf eine Geldzahlung im Falle eines Exits.
Die Höhe dieser Zahlung orientiert sich regelmäßig daran, welchen Erlös die Mitarbeitenden erhalten hätten, wenn sie statt virtueller Optionen echte Optionen ausgeübt und die Geschäftsanteile im Wege eines Exits verkauft hätten.
Aus der Perspektive der Mitarbeitenden betrachtet, lässt sich eine solche Vereinbarung mit einer Bonuszahlung vergleichen.
Gemeinsamkeiten von ESOP & VSOP
Obwohl sich beide vorgestellte Modelle in ihrem Grundgerüst unterscheiden, haben sie doch eine Gemeinsamkeit: Sowohl die Erlangung einer echten als auch einer virtuellen Beteiligung ist in der Regel an bestimmte zusätzliche Bedingungen geknüpft.
So sehen beide Programme regelmäßig sogenannte Vesting-Klauseln vor. Der Vesting-Mechanismus beschränkt den Zugriff auf die echten oder virtuellen Optionen und knüpft sie an die Dauer des Arbeitsverhältnisses nach der Zuteilung der Optionen.
Vesting bedeutet, dass den Mitarbeitenden die Optionen nicht sofort nach der Zuteilung, sondern schrittweise über einen bestimmten Zeitraum, meist monatlich oder quartalsweise, zur Verfügung gestellt werden. Die Länge dieses Zeitraums wird vertraglich vereinbart, wobei ein Zeitraum zwischen drei und fünf Jahren marktüblich ist.
Häufig wird ein Cliff vereinbart. So wird eine Zeitspanne am Anfang des Vesting-Zeitraums bezeichnet, in der die Optionen noch nicht schrittweise angesammelt ("gevestet") werden, sondern den Mitarbeitern erst am Ende des Zeitraums zustehen. Dieser Zeitraum beträgt regelmäßig ein Jahr nach Zuteilung der Optionen.
Auch sogenannte Leaver-Klauseln gehören zu den Standardbedingungen in ESOP und VSOP-Verträgen. Sie regeln was im Fall eines Ausscheidens eines Mitarbeiters vor Ablauf des Vesting-Zeitraums mit den bis dahin (gevesteten und ungevesteten) Optionen geschieht. Meist werden die Begünstigten in Bad Leaver und Good Leaver eingeteilt.
Ein Bad Leaver Ereignis liegt beispielsweise vor, wenn ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs.1 BGB vorliegt, der eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt. In einem solchen Fall ist meistens vorgesehen, dass der Begünstigte alle (auch die bis dahin bereits gevesteten) Optionen verliert.
Ein Good Leaver Ereignis liegt demgegenüber häufig in allen anderen Fällen vor, in denen ein Mitarbeiter ausscheidet (zum Beispiel im Rahmen einer ordentlichen Kündigung), wobei der Begünstigte hier seine bereits gevesteten Anteile behalten darf.
VSOP versus ESOP: Vor- und Nachteile
Häufig werden als Gründe für die Einführung eines virtuellen Mitarbeiterbeteiligungsprogramms ins Feld geführt, dass bei VSOPs größerer Freiraum für vertragliche Gestaltung besteht. Zudem müssten keine Formerfordernisse erfüllt werden, Mitarbeitende nicht Gesellschafter werden und die Zuteilung und Verwaltung der Optionen sei unbürokratischer und leichter.
Jedoch wird an virtuellen Beteiligungsprogrammen vielfach auch (berechtigte) Kritik geäußert. Virtuelle Mitarbeiterbeteiligungsprogramme sind im Ausland, insbesondere im angelsächsischen Raum, weitgehend unbekannt. Dies kann hochqualifizierte und internationale Mitarbeiter abschrecken, die großen Wert auf attraktiv ausgestaltete und strukturierte Mitarbeiterbeteiligungsprogramme legen.
In der Regel erwarten Mitarbeitende die Möglichkeit einer direkten Beteiligung oder zumindest der Option auf echte Anteile. Im deutschen Markt werden sie jedoch mit einem vertraglichen Zahlungsanspruch konfrontiert, der im Steuerrecht anderer Rechtsordnungen (zum Beispiel im Heimatland des Mitarbeiters, wo dieser gegebenenfalls steuerpflichtig ist) häufig nicht der Mitveräußerung von echten Anteilen gleichgestellt wird.
Dies führt dazu, dass es für Gründer:innen und Unternehmer:innen sehr herausfordernd sein kann, Talente aus den USA oder Großbritannien mit einem VSOP (virtuellen Beteiligungsprogramm) zu gewinnen.
Zudem sind VSOPs nicht kapitalmarkttauglich. Bei einem Börsengang müssen sie also durch ein anderes Programm, zum Beispiel ein ESOP, ersetzt werden. Im Normalfall löst ein Börsengang eine Zahlungspflicht der virtuellen Optionen aus. Diese müssen dann beglichen und die weitere Incentivierung durch ein neues Programm sichergestellt werden. Bei einem ESOP können demgegenüber Optionen einfach ausgeübt und die Aktien über die Börse veräußert werden.
Die verbleibenden Vorteile eines VSOPs (Mitarbeiter sollen nicht Gesellschafter werden, Flexibilität, weniger Verwaltungsaufwand) können auch mit einem ESOP erreicht werden.
Warum wir Gründern und Unternehmern ein ESOP empfehlen?
Wir wollen mit Vorurteilen aufräumen: Entgegen der weitverbreitenden Annahme ESOP-Verträge seien komplizierter aufzusetzen, bieten ESOPs tatsächlich ernst zu nehmende Vorteile gegenüber VSOPs
1. ESOPs sind international anerkannt und flexibel gestaltbar.
Im Gegensatz zu einem VSOP bietet ein ESOP der Geschäftsführung die Flexibilität, in Ausnahmefällen eine "frühzeitige Ausübung" der Optionen zuzulassen. Das wird häufig von US-Top-Talenten, insbesondere auf C-Level, verlangt. Denn für US-Steuerpflichtige bedeutet eine solche Möglichkeit eine sehr viel attraktivere steuerliche Einordnung.
Damit dies nicht zu einer zersplitterten Gesellschafterstruktur führt, können in einem solchen Fall mehrere Begünstigte in einem gemeinsamen Pooling-Vehikel gebündelt werden.
In einem solchen Fall kann zudem die Möglichkeit vorgesehen werden, mehrere Begünstigte in einer gemeinsamen Pooling-Einheit zu bündeln, um auch hier einer zersplitterten Gesellschafterstruktur vorzubeugen.
2. ESOP-Verträge bedürfen keiner notariellen Beurkundung
Auch das Argument, VSOPs wären einfacher aufzusetzen und zu verwalten kann nicht überzeugen. Beide Programme bestehen meist aus einem Vertragsdokument, das die allgemeinen Bedingungen für das Programm festlegt und zudem aus individuellen Vereinbarungen mit den jeweiligen Begünstigten.
Der Abschluss dieser Verträge unterliegt bei ESOP und VSOP den gleichen Formvorschriften: Beide müssen - bei entsprechender Gestaltung - nicht notariell beurkundet werden. Es genügt eine privatschriftliche Unterschrift.
3. ESOPs können eine Option bleiben und an Exit geknüpft werden
Oft wird ein VSOP eingesetzt, um eine zersplitterte Gesellschafterstruktur und Mitwirkungsrechte der Mitarbeitenden zu vermeiden: Das kann auch mit einem ESOP erreicht werden, indem die Ausübung der Optionen auf Exit-Ereignisse oder Börsengänge beschränkt wird.
De facto wird der Begünstigte so nur für die juristische Sekunde zwischen der Ausübung und dem Verkauf seiner Optionen Gesellschafter. Um diesen Prozess weiter zu vereinfachen kann der Gesellschaft auch das Recht eingeräumt werden, den Anspruch auf Übertragung der Geschäftsanteile in Geld abzufinden (Cash Settlement).