Doppelbesteuerung bei Zweitwohnsitz im Ausland vermeiden

Steuern 22.03.2023

Ein Zweitwohnsitz im Ausland ist gerade in der kalten Jahreszeit eine attraktive Option für viele Gründer:innen und Unternehmer:innen. Ob zum Arbeiten oder Leben, der stetige Wechsel zwischen In- und Ausland ist nahezu alltäglich geworden. Außerdem gehört das Investieren in ausländische Fonds und Unternehmen (sog. Outbound Investitionen) mittlerweile zum Tagesgeschäft.

Doch diese persönlichen und ökonomischen Verbindungen zu verschiedenen Staaten bringen steuerrechtliche Schwierigkeiten mit sich: Stichwort Doppelbesteuerungen.

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Steuerberaterin

In diesem Beitrag erfahrt ihr

  • was man unter Doppelbesteuerung versteht
  • wie diese durch DBAs und OCED-Musterabkommen vermieden werden sollen
  • welche Merkmale zur Bestimmung der Steuerpflicht führen

Was bedeutet der Begriff Doppelbesteuerung?

Zu einer Doppelbesteuerung kann es kommen, wenn eine (natürliche) Person oder ein Unternehmen in zwei verschiedenen Ländern steuerpflichtig ist und beide Länder das Recht haben, Steuern auf das gleiche Einkommen zu erheben. Die Doppelbesteuerung kann zu einer erheblichen finanziellen Belastung führen, insbesondere wenn die Steuersätze in beiden Ländern hoch sind.

Doppelbesteuerungsabkommen

Das internationale Steuerrecht regelt die Verteilung von Besteuerungsrechten: welcher Staat darf welche Einkünfte besteuern.

Diese Fragen sollen durch sogenannte Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen (kurz: Doppelbesteuerungsabkommen oder DBAs) zwischen den Staaten gelöst werden. In diesen Vereinbarungen kann das Besteuerungsrecht einem der beiden Vertragsstatten zugewiesen und/oder eine Doppelbesteuerung derselben Einkünfte durch entsprechende Techniken vermieden werden.

Entscheidend für die Zuordnung der Einkünfte ist die Ansässigkeit des Steuerpflichtigen. Die Ansässigkeit spielt somit eine bedeutende Rolle für die Inanspruchnahme der Begünstigungen aus dem DBA; sie ist grundsätzlich von der (nationalen) Frage der unbeschränkten Steuerpflicht zu lösen. So kann man als Steuerpflichtiger in zwei Vertragsstaaten unbeschränkt steuerpflichtig, aber nur in einem der Vertragsstaaten ansässig sein.

Lösung Um dieses Problem zu lösen sieht das OCED-Musterabkommen eine bestimmte Prüfungsreihenfolge (Eskalationsstufen) verschiedener Merkmale vor.

Bestimmung der Ansässigkeit

Erster Anknüpfungspunkt für die Ansässigkeit ist der Wohnsitz. Unterhält ein Steuerpflichtiger je einen Wohnsitz in den verschiedenen Staaten, so wird durch die alleinige Betrachtung des Wohnsitzes kein befriedigendes Ergebnis für die Frage seiner Ansässigkeit geliefert.

In einem nächsten Schritt wird eine tie-breaker-rule angewendet.

Durch eine Betrachtung verschiedener Merkmale soll die engere Bindung zu einem Vertragsstaat ermittelt werden. Ein Indiz ist hier der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen.

Merkmale zur Bestimmung der Steuerpflicht

Hier geht es um „persönliche und ökonomischen Beziehungen“. Dazu zählen beispielsweise:

  • familiäre Verbindungen
  • der Wohnort des Partners/der Partnerin
  • der Arbeitsort, oder auch der
  • der Ort, an dem das Vermögen verwaltet wird

Doch auch die Betrachtung dieser Merkmale kann zu keinem eindeutigen Ergebnis führen, wenn die persönlichen und ökonomischen Verhältnisse nahezu gleich auf zwei Staaten verteilt sind. Persönliche und ökonomische Verbindungen müssen zwar nicht kumulativ vorliegen, aber es muss eine deutliche Tendenz zu einem Staat erkennbar sein, um die Verortung des Mittelpunkts der Lebensinteressen dort zu bejahen.

Das bedeutet, dass eine "hinreichend deutliche Erkennbarkeit der stärkeren Beziehungen zu einem Staat" gegeben sein muss. Auch die gerichtliche Praxis ist sich nicht einig, welche Merkmale stärker zu gewichten sind. Südeuropäische Staaten ziehen vornehmlich persönliche Beziehungen zur Entscheidung heran; Osteuropa und das Vereinigte Königreich eher die ökonomischen.

Das internationale OECD-Musterabkommen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bisher kein Vorrangverhältnis festgestellt. Das OECD-Musterabkommen wertet beide Merkmale zunächst gleich. Aus dem OECD-Musterkommentar zum Musterabkommen ergibt sich eine stärkere Gewichtung der persönlichen Beziehungen.

Sollte sich auch nach diesen Merkmalen kein Ansässigkeitsstaat bestimmen lassen, gilt die Staatangehörigkeit gem. Art. 4 Abs. 2 Buchstabe c) OECD-MA als entscheidendes Merkmal. Dies ist rechtssicher und lässt auf eine Verbindung mit dem Staat schließen. Als allerletzte Stufe sieht das OECD-MA eine Verständigungsvereinbarung zwischen den Staaten vor.

Gestaltungsmöglichkeiten

Da sich keine klare Tendenz zur stärkeren Gewichtung von ökonomischen oder persönlichen Beziehungen erkennen lässt, ergeben sich Gestaltungsmöglichkeiten für den Steuerpflichtigen. Insbesondere persönlichen Beziehungen können in einem Staat bewusst begründet oder weiter ausgebaut werden. So zum Beispiel durch Besuche beim Hausarzt oder auch die Mitgliedschaft in einem Verein.

Diese Begründung von persönlichen Beziehungen ist kein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO. Zu beachten ist nur, dass ein unvollständiger Vortrag im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens strafrechtliche Konsequenzen haben kann. Es sollte daher stets auf die vollständige und wahrheitsgemäße Darstellung der Umstände geachtet werden.

Fazit und Handlungsoptionen

In der Praxis ergeben sich bei der Ermittlung der Ansässigkeit und insbesondere der Bestimmung eines Mittelpunkts der Lebensinteressen durchaus Schwierigkeiten. Hier wird häufig an die Wohnsituation angeknüpft.

Auch die Aufenthaltsdauer bietet einen guten Anhaltspunkt – aber Achtung: die „bekannte“ 183-Tage-Regelung hat auf keinen Fall die Bedeutung, die ihr für gewöhnlich außerhalb der Finanzverwaltung beigemessen wird; sie ist höchstens ein Indiz.

Doch ebenso können darüber hinaus die persönlichen Beziehungen herangezogen werden. Diese können vom Steuerpflichtigen genutzt und wie oben aufgezeigt auch aktiv beeinflusst werden. Bei der Betrachtung sich ergebender Steuerpflichten und Gestaltungsmöglichkeiten sollte dies, auch in der Beratung, berücksichtigt werden.

Tatsächlich kommt es auf eine Gesamtbetrachtung aller Umstände im Einzelfall an. Es ist wichtig, sich bei einer doppelten Ansässigkeit im Ausland darüber im Klaren zu sein, dass es zu steuerrechtlichen Problemen kommen kann. In solchen Fällen sollte man sich von Experten beraten lassen, um diese Probleme zu vermeiden.


Quelle: Nina Meyers, Prof. Dr. Jochen Lüdicke, Prof Dr. Matthias Valta: NWB IWB Nr. 3 vom 10.2.2023, S.99