Cap Table Probleme und wie man sie behebt

Corporate 31.10.2023

Ein Capitalization Table, besser bekannt als „Cap Table“, gibt Auskunft über die Beteiligungsverhältnisse und die dazugehörigen Anteilseigner eines Startups. Auch wenn Cap Table auf den ersten Blick unscheinbar wirken mögen, haben sie dennoch weitreichende Auswirkungen auf die Entwicklung eines Startups. Sie sind entscheidend für die strategische Ausrichtung des Unternehmens und dessen Entwicklung; sie incentivieren das Managementteam und erleichtern Beschlüsse.

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Rechtsanwalt Corporate/M&A und Prokurist

Frühe Entscheidungen im Lebenszyklus eines Startups können einen nachhaltigen Einfluss auf die Struktur des Cap Table haben. Selbst Unternehmen mit einer vielversprechenden Technologie, einem kompetenten Team und ambitionierten Unternehmenszielen können einen nicht tragfähigen Cap Table aufweisen, der zukünftigem Erfolg im Weg steht. Eine solche Diskrepanz kann für alle Beteiligten nachteilige Effekte haben: Bestehende Investoren können mit einer Abwertung ihrer Anteile konfrontiert sein; das Managementteam kann disincentiviert werden und eine erhöhte Fluktuation aufweisen; schließlich können potenzielle Investoren abgeschreckt werden bzw. zumindest ungünstige Konditionen oder eine Rekapitalisierung verlangen. Letztendlich beeinträchtigt eine solche Fehlausrichtung des Cap Table also die weitere Leistungsfähigkeit des Startups.

Hier einige gängige Stolpersteine im Zusammenhang mit Cap Table und Vorschläge für Lösungsansätze zu ihrer Behebung:

Zu hohe Beteiligung der falschen Anteilseigner („Dead Equity“)

Da Startups in ihrer Anfangsphase oft nicht über die nötige Liquidität verfügen, um attraktive Vergütungspakete für das Managementteam zu zahlen, dient eine Beteiligung am Unternehmen als zentraler Anreiz. In der Theorie ist das Konzept simpel: Startend mit einer 100-prozentigen Beteiligung verwässert das Gründungsteam schrittweise durch die Ausgabe von Anteilen an neue Anteilseigner. Kompliziert wird es jedoch, wenn in der Anfangsphase eine übermäßig große Beteiligung in den Händen passiver oder inaktiver Anteilseigner verbleibt. Das wird auch als „Dead Equity“ bezeichnet.

Folgende Kategorien von „Dead Equity“ sind in der Praxis häufig zu finden:

  1. Inaktive/Passive Gründer: Viele Startups haben Gründer, die in der Anfangsphase eine Schlüsselrolle eingenommen haben, aber ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr aktiv im Startup tätig sind. Sie haben z.B. das Unternehmen verlassen oder sind in eine andere, passivere Rolle gewechselt.
  2. Acceleratoren/Inkubatoren/Venture Builder: Diese Programme tragen oft wesentlich zur frühen Entwicklung und zum Erfolg eines Startups bei. Ihr Einfluss nimmt jedoch ab, wenn neue Investoren eine einflussreichere Stellung übernehmen.
  3. Business Angels: Angel-Investoren sind in der Regel die erste Finanzierungsquelle für Startups. Ihre Unterstützung schiebt das Unternehmen an, aber ihr Einfluss auf die weitere Entwicklung ist häufig begrenzt.

Es ist möglich, dass diese Kategorien von Anteilseignern zusammen eine beträchtliche Beteiligung am Unternehmen halten, bevor institutionelle Fonds einsteigen. Es ist zwar wichtig, diese Anteilseigner für ihre Anfangsbeiträge fair zu kompensieren. Gleichzeitig muss aber sichergestellt werden, dass künftige Wertbeiträge ebenso entsprechend honoriert werden. Die Gewichtung zwischen bisherigen und künftigen Beiträgen sollte deutlich zugunsten der letzteren ausfallen, auch wenn dies vielleicht auf den ersten Blick kontraintuitiv wirkt. Nachfolgend einige praktische Hinweise dazu:

    • Inaktive/Passive Gründer sollten keinen signifikanten Anteil am Unternehmen halten. Die Implementierung eines Vesting-Mechanismus vor der ersten Finanzierungsrunde bietet einen guten Schutzmechanismus für den Fall, dass ein Mitgründer das Unternehmen vorzeitig verlässt.
    • Die Beteiligung und Anzahl von Accelerators und Venture Studios sollte limitiert werden. Venture Studios, die aktiv an der Gründung eines Startups beteiligt sind, können eine etwas höhere Beteiligungsquote rechtfertigen. Letztendlich sollte jedoch das Managementteam die Führung des Unternehmens übernehmen und für die zukünftige Wertschöpfung zuständig sein. Während die frühe Ideenfindung und -entwicklung einen wichtigen Beitrag darstellt, ist die Umsetzung ein entscheidender Erfolgsfaktor und sollte mit ausreichend Eigenkapital unterlegt werden.
    • Business Angels, die in der Regel in der Pre-Seed-Phase einsteigen, sollten nicht mehr als 15 % der Anteile halten.

Die Einhaltung dieser Hinweise gewährleistet, dass das Managementteam einen substanziellen Anteil am Unternehmen behält, was dessen Motivation und Engagement für das Startup weiter fördert.

Fragmentierte Cap Table und Blockadesituationen

In jedem Unternehmen, einschließlich Startups, besitzen die Anteilseigner bestimmte Mitspracherechte. Für einige Unternehmensentscheidungen sind allerdings schnelle Entscheidungen erforderlich.

Idealerweise sollte bei einem Cap Table die Mehrheit des Eigenkapitals von denjenigen gehalten werden, die das Unternehmen aktiv vorantreiben, namentlich dem Managementteam und den gegenwärtig aktiven Investoren. Diese Konstellation strafft den Entscheidungsprozess und erleichtert die Handlungsfähigkeit sowie die Umsetzung wichtiger strategischer Entscheidungen.

  1. Fragmentierte Cap Table: Wenn ein Startup zahlreiche kleinere Investments von verschiedenen Business Angels oder kleinen Fonds ohne einen eindeutigen Hauptinvestor mit einer signifikanten Beteiligung eingesammelt hat, ist es kompliziert, den notwendigen Konsens für Entscheidungen zu erzielen. Wenn die Business Angels aus verschiedenen Quellen und mit unterschiedlichen Hintergründen stammen, kann es an Erfahrung für schnelle Entscheidungsprozesse oder dem Verständnis für lokale rechtliche Anforderungen fehlen.
  1. Vetorechte: Selbst Anteilseigner mit Minderheitsbeteiligungen können erheblichen Einfluss ausüben, soweit ihnen Sonderrechte wie Vetorechte bei wichtigen Entscheidungen eingeräumt werden. Derartige Rechte können Entscheidungsprozesse behindern und potenzielle neue Investoren abschrecken, welche die mit der Umgehung solcher Rechte verbundene Komplexität vermeiden möchten.

Für einen effizienten und entscheidungsschnellen Anteilseignerkreis empfiehlt sich daher Folgendes:

  • Nach Möglichkeit sollten die Stimmrechte kleinerer Investoren gebündelt werden, um den Abstimmungsprozess zu vereinfachen. Pooling-Konstrukte können sich hier als effektiv erweisen. Anstatt sich auf eine große Anzahl verschiedener Business Angels zu verlassen und diese organisieren zu müssen, konzentriert sich die gesamte Entscheidungsmacht auf ein oder zwei vertrauenswürdige Personen. Bei Interessenkonflikten bleibt den Business Angels die Option der individuellen Stimmabgabe. Aber dieses Pooling-Konstrukt verhindert die Problematik eines unkoordinierten und schwer zu kontrollierenden Anteilseignerkreises.
  • Die Verteilung von Vetorechten oder Mehrstimmrechten sollte vermieden werden, es sei denn, es gibt spezielle Gründe dafür. Der Fokus sollte auf der sorgfältigen Analyse und der korrekten Berechnung der Anteilsmehrheiten für Beschlüsse liegen. Oftmals erhalten Investoren versehentlich aufgrund eines Rechenfehlers ein faktisches Vetorecht. Fokus auf Details ist hier das A und O.

Reparaturmaßnahmen für suboptimale Cap Table

Ungeachtet aller Bemühungen, typische Fallstricke zu vermeiden, sind suboptimale Cap Tables nicht das Ende der Welt. Die Korrektur solcher Cap Tables ist eine komplexe, jedoch keineswegs unmögliche Aufgabe. Dies mag herausfordernde Diskussionen und Verhandlungen erfordern, aber es liegt im Interesse aller, das Unternehmen auch hinsichtlich der Anteilsverhältnisse auf Erfolgskurs zu bringen.

Ein Leitfaden für die Cap Table Reparatur:

  • Analyse der aktuellen Struktur des Cap Table. Identifikation bestehender Beteiligungen und damit verbundener Sonderrechte.
  • Aufnahme eines Dialogs mit den Anteilseignern. Bei inaktiven Beteiligungen könnten Überlegungen hinsichtlich eines Rückkaufs, Secondaries oder einer Kapitalverwässerung getroffen werden. Mit Accelerators oder Business Angels könnten Verhandlungen erforderlich sein, um den Cap Table zugunsten des Managementteams und zukünftiger Beteiligter neu zu justieren.
  • In besonderen Fällen kann auch eine vollständige Rekapitalisierung in Betracht zu ziehen sein. Dies kann durch Neuausgabe von Anteilen oder das Einführen einer neuen Anteilsklasse beinhalten, um den Cap Table neu zu gestalten und an den zukünftigen Bedürfnisse anzupassen.

Bei solchen Diskussionen ist es ratsam, sich juristischen und steuerlichen Rat einzuholen. Denn rechtliche und steuerliche Überlegungen spielen bei der Umstrukturierung eines Cap Table oftmals eine entscheidende Rolle.

Ein gut strukturierter Cap Table ist nicht bloß ein administratives Detail, sondern ein strategischer Vorteil, der den zukünftigen Erfolg eines Startups maßgeblich beeinflussen kann. Die Reparatur eines verkorksten Cap Table kann zwar mühsam sein, stellt jedoch eine Investition in die Zukunft des Startups dar, welche sich langfristig auszahlt.